Die groẞen Reifen quetschen sich in den Boden und füllen sich mit Schlamm und Resten aus dem Waldboden, wenn der brüllende Dieselmotor das Fahrzeug durch das Gelände vorwärts zieht. Der Allradler lässt sich von Felsen, tiefen Löchern und umgestürzten Bäumen nicht aufhalten, aber er bewegt sich graziös und gleichzeitig kraftvoll durch die felsige Landschaft Bornholms. Der Land Rover ist in seinem richtigen Element.
Der ikonische, britische Allradler steht nicht nur als Dekoration oder wird nur sonntags als „showpiece“ für einen Sonntagsausflug benutzt. Auf Bornholm wird das ganze Jahr, bei jedem Wetter, Land Rover im Gelände gefahren. Land Rover wird sportlich gefahren, mit Wettkämpfen und geselligen Ausflügen, aber auch im Alltag, dort wo löchrige Waldwege und Feldwege für die meisten anderen Fahrzeuge unpassierbar sind. Ob es meterhohe Schneeverwehungen oder überschwemmte Wege sind, der Land Rover nimmt den Kampf mit der Unberechenbarkeit der Natur auf.
So begann es auch für Simon Novrman, den 31-jährigen Vorsitzenden des Dänischen Land Rover Vereins, DLRK, auf Bornholm. – „Ich bin auf einem Bauernhof auẞerhalb von Klemensker aufgewachsen, und im Winter konnten wir wegen des Schnees nicht raus. Deshalb kaufte mein Vater einen alten Land Rover“. Es dauerte nicht lange, bis der Vater Mitglied des Dänischen Land Rover Vereins wurde. Er hatte „die englische Krankheit“ bekommen, wie Land Rover-Enthusiasten sagen. Die Krankheit, die bewirkt, dass Erwachsene in einem fast traktor ähnlichen Auto mit einem blubbernden Dieselmotor über das Gelände rasen und sich gegenseitig helfen aus Bächen und Schlaglöchern loszukommen. Simon Novrman gibt es gerne zu: – „Es ist ein bisschen wie die Begeisterung eines Kindes für einen Monstertruck, ein Jungentraum. Das Auto hat viel mehr als nur Pferdestärke und Charme“.
Die ersten Land Rover entstanden 1948, konstruiert von dem englischen Motorhersteller Rover. Die kompakten Fahrzeuge wurden für den Verkauf an britische Landwirte und nicht zuletzt für den Export wegen der britischen Rezession nach dem 2. Weltkrieg produziert. Das elegante und unauffällige britische Format des Land Rovers ist ursprünglich vom Krieg Jeep inspiriert, und ist mit einem Antrieb für landwirtschaftliche Geräte und Anhänger ausgestattet. Die Karosserie ist in Aluminium konstruiert, erzwungen aufgrund der Stahl Rationierung der Nachkriegszeit. Die einfache Konstruktion in der ersten Serie, Serie 1, bedeutete, dass sie gewartet werden konnte ohne unbedingt auf die Werkstatt zu müssen. Die Produktion von Serie 1 wurde bis in die 1960’er fortgesetzt, wo Serie II und IIA auf den Markt kamen. Serie II und IIA hatten neuere und kräftigere Motoren, welches dazu führte, dass viele für verschiedene, andere Zwecke umgebaut wurden – von Feuerwehrautos bis hin zu mobilen Schweiẞapparaten. 1971 kam Serie III, die wie ihre Vorgänger einen spartanischen Innenraum und eine einfache Konstruktion hatte mit Allradantrieb, starren Achsen in Blattfedern aufgehängt, einem Stahlrahmen und Karosserie aus Aluminium. Seitdem sind noch weitere Modelle hinzugekommen, wie z.B. der berühmte Range Rover, Land Rover Defender, Discovery, Freelander und Range Rover Sport.
Der Land Rover wurde in groẞen Teilen der Welt vom Militär eingesetzt. Oft als Feld Fahrzeug und mit den eigenen Anpassungen zum Militär. Aber auch einige dezidiert militärische Modelle wurden produziert, und es ist vielleicht eben deshalb, dass der Land Rover bei vielen Assoziationen mit dem britischen, khakifarbenen Militär Universum der 50er Jahre weckt. Das Auto ist zu einer Ikone geworden, und ist vielleicht auch ein Symbol einer vergangenen Zeit. Die meisten der alten Modelle qualifizieren sich heute auch für den Oldtimer-Status. Unter Land Rover-Enthusiasten unterscheidet man zwar zwischen einem
Oldtimer-Land Rover, Serie I, II oder III und einem Range Rover, aber auf Bornholm treffen sich Leute mit vielen verschiedenen Typen der Allradler, um gemeinsam zu fahren. Man fährt immer nur auf privaten Grundstücken oder nach Vereinbarung mit Grundbesitzern. Höflichkeit und Hilfsbereitschaft sind Teil der Land Rover-Kultur, die ja schlieẞlich ihren Ursprung unter britischen „Gentlemen“ hat.
Die ersten Land Rover kamen Anfang der 1960er Jahre als Berufs Fahrzeuge nach Bornholm. Bornholm hat etwas Besonderes, wenn es um Gelände geht. Simon Novrman sagt: – „Wenn wir Gäste von drüben (Bornholmer Slang für das übrige Dänemark (Anm. d. Red.)) haben, sind sie auẞerordentlich begeistert. Wir befinden uns ja auf einer felsigen Insel, und hier ist die Landschaft hügelig mit vielen spannenden Herausforderungen und schwierigen Hügeln. Sie sind total neidisch!“. Er und die anderen Land Rover-Leute treffen sich vor Ort das ganze Jahr über einmal im Monat, nehmen aber auch an Veranstaltungen und Treffs im übrigen Dänemark teil. Simon Novrman sagt, dass es absolut auch das gesellige Beisammensein ist, das lockt: – „Wir haben viele Familien, die an unseren Veranstaltungen teilnehmen. Es ist wirklich gemütlich in dieser Weise zusammen zu sein: an unseren internen Wettkämpfen teilzunehmen und danach an gemeinsamem Essen mit Grill im Gelände, wo es natürlich ein bisschen nerdig wird, aber wo wir auch bloẞ entspannen und es uns gemütlich machen“. Laut Simon Novrman ist das Fahren eines Land Rovers ein bisschen wie ein Lebensstil, und es gibt mehrere Beweggründe um sich für das Fahren mit dem ikonischen Auto zu interessieren: – „Es gibt diejenigen, die das Auto für längere Fahrten benutzen und das Auto mit Übernachtungsmöglichkeit für die Familie eingerichtet haben, und dann gibt es diejenigen, die sich mehr auf die Technik konzentrieren oder das Adrenalin spüren wollen,“ Er erklärt, dass gerade die einfache Konstruktion der älteren Modelle bedeutet, dass normale Menschen den Land Rover in allen möglichen Weisen anpassen können: – „Das ist Freiheit, man kann tun, was man will, und man muss sich nicht dadurch begrenzen lassen, dass die Autobahn aufhört“.
Es ist ein groẞer Unterschied zwischen dem Fahren auf der Straẞe, im Gelände oder dem Nacht- Orientierungslauf, der ebenfalls eine Disziplin des Vereins ist. Das Fahren auf der Straẞe wird „green laning“ genannt, das Fahren im Gelände nennt man „Trial“ oder „Trophy“. Trial kann mit einem Standard-Allradler oder Land Rover gefahren werden und erfordert nach Simon Novrman viel Präzision und eine gute Kenntnis zum Auto: – „Trophy ist eine deutlich härtere Form des Geländefahrens. Es ist technisch und physisch anspruchsvoll für sowohl Fahrer als Auto auf einigen der von uns gebauten Strecken zu fahren. Es kann oft ein ein bisschen wild und unberechenbar sein – und deswegen soll der Fahrer sein Auto und seine Grenzen kennen“. Es ist nicht ungewöhnlich, dass jemand irgendwo stecken bleibt, aber es gehört zum Sport ihn wieder zu befreien. Mehrere der Fahrer haben vorne schwere Seilwinden mit Stahldraht montiert, denn genau das kann ein Land Rover: fast jedem Zweck angepasst werden. Wo die ersten Modelle bescheidene Motoren hatten und niedrig übersetzt waren, um die Kräfte optimal zu nutzen und im schwierigen Gelände fahren zu können, ist es heute nicht ungewöhnlich irgendwo im Dreieck Gebiet oder nördlich von Kopenhagen ein Luxusmodell mit dröhnendem V8 Motor zu sehen. Einige mögen denken, dass diese Art von Pferdestärken für eine Villenstraẞe in Vedbæk ein bisschen „übertrieben“ ist, aber die kindliche Begeisterung und das Gefühl der Freiheit in einem Allradler sind wahrscheinlich dort genauso stark wie auf einem schlammigen Feld Gebiet im Süden von Bornholm.
Wer das Land Rover-Fahren im Gelände auf Bornholm ausprobieren möchte, kann im Kalender auf der Facebook-Seite des DLRK Bornholm nachsehen und den Verein telefonisch oder per E-Mail kontaktieren. DLRK Bornholm hat ungefähr 30 Mitglieder, aber nicht alle haben einen Land Rover. Es ist tatsächlich auch keine Voraussetzung, man muss nur das Interesse haben. Um in DLRK Offroad fahren zu dürfen, müssen alle neuen Mitglieder jedoch an einem eintägigen, obligatorischen Sicherheits Kurs teilnehmen. Der Kurs besteht aus sowohl Theorie als Praxis. Und dann muss man sich darauf vorbereiten, dass der Komfort nicht
immer groẞ ist. In den alten Modellen muss man manuell ohne Servolenkung arbeiten. Es ist ein harter Kampf zwischen Motoren, Muskeln und Schlamm. Bei den neueren Modellen gibt es natürlich Servolenkung und mehr Komfort, aber laut Simon Novrman macht das das Fahren nicht weniger spannend. – „Wenn man das erste Mal probiert Land Rover zu fahren, ist es wahrscheinlich so, dass man es entweder hasst, oder man liebt es, Es gibt kein dazwischen. Aber den meisten von uns geht es so, dass „wo die Strasse endet, da beginnt der Spaẞ“.